,,Feuerprobe“ ist meine persönliche Buchempfehlung für dieses Jahr! Und an die Schnarchnasen da draußen, die denken für Hexengeschichten seien sie zu alt: Nein, für diesen Roman seid ihr es definitiv nicht!

Ich war wohl die Person, die sich anfangs am meisten gegen das Buch gesträubt hatte. Hexengeschichten wären nun wirklich nicht mein Fall. Und sowieso wären die doch alle gleich, hätte ich gesagt und hätte das Buch zurück in das Regal der Buchhandlung gestellt. Wie gut, dass es die Zeilenspringer gibt, die einen auch mal zu anderen Büchern überreden, selbst wenn man sich dagegen sträubt wie eine Katze vor der vollen Badewanne…

 
Josephine Angelini schafft es eine andere Welt zu erschaffen, die unserer gar nicht so unähnlich ist. Die Macht liegt in den Händen von einzelnen, mächtigen Personen. Die Außenländer werden unterdrückt. Es herrscht totale Kontrolle. Die Menschen sind an ihre Wunschsteine gebunden, sind eingepfercht in den Schutz hinter den Mauern der 13 Städte. Und an der Spitze steht Lillian, die größte Hexe dieser Zeit. Zuvor großherzige und gütige Herrscherin, lässt sie nun Wissenschaftler nach Wissenschaftler exekutieren. Warum? Man weiß es nicht. Sicher ist jedoch die Tatsache, dass sich ihr Leben dem Ende neigt. Völlig geschwächt versucht sie zwischen den Welten zu wandeln, was nur Hexen von großer Macht und Stärke möglich ist. Sie ist die Erste in ihrer Welt.
Lily, verzweifelte Schülerin aus Salem hat immer wieder mit heftigen Allergieschüben zu kämpfen. In der Schule alleine gelassen, lebt sie fast völlig isoliert mit ihrer verrückten Mutter und ihrer liebevollen Schwester auf ihrem kleinen Anwesen. Als ihr erster Besuch auf einer Party völlig schief läuft und Tristan, ihr einziger Freund, sie hintergeht, wird es Zeit. Ohne genau zu wissen, was sie wirklich tut, stimmt sie Lillian zu, sie in ihre Welt zu holen. In ein anderes Salem. Ein Salem in dem sie nicht mehr das schwache, kranke Mädchen ist. Hier ist sie anders. Sie ist eine Hexe, so wie Lillian.

 
Die Protagonistin Lily schließt man schon zu Beginn des Buches ins Herz. Ihre unperfekte, authentische Art und die Art wie Angelini ihre Persönlichkeit beschreibt, macht das 17 jährige Mädchen sofort liebenswert. Auch die anderen Figuren sind detailliert ausgearbeitet, wobei manchen jedoch an Tiefe fehlt. Dabei werden die typischen Klischee-Protagonisten aufgegriffen: Tristan, der Schönling; Rowan, der dunkle, misteriöse Typ; Caleb, der nette, schwule Freund der beiden. Doch alles in allem ergeben sie eine authentische Gruppe, die man so schnell nicht vergisst.
Die Tatsache, dass sich in allen Welten die, zwar durch ihre Welt geprägten, aber doch grundlegend gleichen Persönlichkeiten wiederfinden macht die einzelnen Charakter noch interessanter. So sehen Lillian und Lily nicht zufällig gleich aus, was anfangs für Verwirrung sorgt. Sie sind gleich.
Und wer hat sich noch nie gefragt, wie er wohl wäre, wenn er in einer anderen Familie oder einem anderen Land aufgewachsen wäre? Gerade diesen Aspekt fand ich besonders interessant.
Doch das ,,Besonderste“ an dem Buch ist die Verknüpfung von Science-Fiction und Realität. Die Autorin greift Probleme unserer Welt auf, um sie auf Parallelunisversen zu übertragen und ihnen neue Bedeutung zu geben. Nie zuvor hat mich ein Buch so überrascht. Die typische Hexenstory bleibt aus, die Welt in die Lily stolpert ist so komplex mit einer Mischung aus modernem Zeitalter, wie die durch Genveränderung entstandenen Wirker bezeugen, und mitterlalterlicher Mythologie beschrieben, dass man nach dem Lesen des Buches darauf wartet auf der Straße einem Heiler zu begegnen, der einem mal schnell den nervigen Schnupfen vom Hals schafft.

 
Der Auftakt zur Everflame Trilogie? Eindeutig gelungen.